Eingliederungsvereinbarung oder Eingliederungsvertrag
Definition, Erklärung
Im Rahmen der Arbeitsförderung wird durch die Arbeitsagentur in Zusammenarbeit mit dem Arbeitssuchenden bzw. Ausbildungssuchenden die nach dem Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB II) vorgeschriebene Eingliederungsvereinbarung (SGB II, § 15 und § 37) erstellt.
Hinter der Eingliederungsvereinbarung steht der Grundsatz des „Förderns und Forderns“ mit dem Ziel, den Arbeitslosen möglichst schnell und erfolgreich wieder in den Arbeitsmarkt zu integieren. Mit Hilfe der Eingliederungsvereinbarung soll der Eingliederungsprozess durch die vom Arbeitssuchenden und der ARGE vereinbarten Ziele sowie der Rechte und Pflichten beider Seiten systematisiert werden. Somit ist die Eingliederungsvereinbarung ein arbeitsmarktpolitisches Instrument. Es handelt sich dabei um einen Vertrag zwischen dem Arbeitslosengeld II-Bezieher und dem für ihn zuständigen Amt, meist der ARGE. Laut Gesetz kann die Weigerung, eine derartige Vereinbarung zu unterschreiben, zu Leistungskürzungen führen. Der Arbeitssuchende ist verpflichtet, alle Möglichkeiten zu nutzen, um die Arbeitslosigkeit schnellstens zu beenden.
Inhalt dieser Vereinbarung sind
- die Ergebnisse aus dem sogenannten „Profiling“. In diesem werden die beruflichen und persönlichen Kompetenzen, Aus- und Weiterbildungen und erlangte Berufserfahrung festgestellt. Darüberhinaus wird überprüft, inwieweit die Qualifikationen aktuell sind und ob Umstände vorliegen, die eine Neu- bzw. Wiederanstellung erschweren. Die Bedingungen des regionalen und überregionalen Arbeitsmarktes werden dabei berücksichtigt. Das Profiling wird nach der Meldung der Arbeitslosigkeit bzw. der Ausbildungssuche durchgeführt
- Schritte zur Wiedereingliederung, z.B. Qualifizierungsmaßnahmen mit Umfang und Regelung von Schadenersatzleistungen, wenn die Maßnahme nicht zu Ende geführt wird
- Angebote der Agentur für Arbeit
- zeitlich festgeschriebene Aktivitäten des Arbeitslosen, wie z.B. Anzahl von Bewerbungen pro Woche
- Leistungen für den Arbeitslosen (erwerbsfähiger Hilfebedürftiger) bzw. für die Bedarfsgemeinschaft
- Nennung eines persönlichen Ansprechpartners
- Sucht- oder Schuldnerberatung
- Einstiegsgeld
- Leistungen nach Altersteilzeitgesetz
Der Arbeitslose bzw. Ausbildungssuchende erhält eine Ausfertigung der Eingliederungsvereinbarung. Bei Änderungen der Rahmenbedingungen wird diese angepasst. Eine Überprüfung der Eingliederungsvereinbarung erfolgt, wenn die Arbeitslosigkeit nach 6 Monaten bzw. die Ausbildungssuche nach 3 Monaten weiterhin besteht.
Hält sich der Arbeitsuchende nicht an die in der Eingliederungsvereinbarung festgeschriebenen Pflichten, riskiert er die Kürzung von ALG II-Leistungen.
Ein Verzicht auf den Abschluß einer Eingliederungsvereinbarung kann erfolgen bei:
- Alleinerziehenden, wenn das Kind jünger als 3 Jahre ist
- Personen, die Angehörige pflegen
- Personen, deren Status zur Erwerbsunfähigkeit noch nicht geklärt ist
- Personen, die in Altersteilzeit sind
- Jugendliche unter 25 Jahren, die eine Schule in Vollzeit besuchen
- Personen mit einer Einstellungszusage innerhalb der nächsten 8 Wochen
Wenn Sie mit der Eingliederungsvereinbarung nicht einverstanden sind, können Sie Widerspruch einlegen. Danach bleibt Ihnen nur noch die Möglichkeit der Anfechtungsklage vor dem Sozialgericht. Dieses Verfahren ist für Sie kostenfrei, allerdings müssen Sie bei erfolgloser Klage die Kosten für Ihren Rechtsanwalt selbst tragen.
Tipps, Checkliste
- Bereiten Sie sich gut auf das Gespräch hinsichtlich der Eingliederungsvereinbarung vor
- Nehmen Sie eine Vertrauensperson zum Gespräch mit Ihrem Fallmanager mit
- Lassen Sie sich alle Punkte erklären und bitten Sie notfalls um Bedenkzeit
- Verweigern Sie keinesfalls das Gespräch zu einer Eingliederungsvereinbarung. Sie riskieren ansonsten, dass Ihnen eine Eingliederungsvereinbarung ohne Ihr Mitwirken zugesandt wird
- Nehmen Sie zu diesem Gespräch Unterlagen mit, die Ihre Qualifikationen, Kompetenzen und Ihre Berufserfahrung belegen
- Überlegen Sie sich, wo Sie evt. Qualifizierungsbedarf haben und eine Weiterbildung sinnvoll ist, um Ihr Wissen auf den neuesten Stand zu bringen
- Versuchen Sie unbedingt, sich mit Ihrem Fallmanager einig zu werden. Selbst wenn Sie sich weigern, eine Eingliederungsvereinbarung zu unterschreiben, werden die dort aufgeführten Regelungen über einen Verwaltungsakt gültig
- Achten Sie auf die Erfüllung der festgelegten Pflichten und weigern Sie sich nicht, eine zumutbare Arbeit oder Ausbildung anzunehmen. Sie riskieren sonst Sanktionen, wie die Kürzung von ALG II um 30 % oder der Wegfall des befristeten Zuschlags nach Bezug von Arbeitslosengeld 1. Dies gilt nicht, wenn Sie einen wichtigen Grund nachweisen können
- Bemühen Sie sich ernsthaft um eine Arbeitsstelle
- Bei Nichtabschluß der Eingliederungsvereinbarung, Nichterfüllung Ihrer Pflichten oder der Weigerung, eine Arbeit aufzunehmen, müssen Sie über die Rechtsfolgen belehrt werden
- Wenn Sie bei der Eingliederungsvereinbarung keine Einigung mit Ihrem Fallmanager erzielen, unterschreiben Sie unter Vorbehalt und lassen Sie Ihre Vorbehalte als Ergänzung schriftlich aufnehmen
- Verstoßen Sie trotz Belehrung über die Rechtsfolgen gegen Ihre Pflichten, wird das Arbeitslosengeld insgesamt 3 Monate lang um insgesamt 60 % und auch die Kosten für Unterkunft, Heizung und Mehrbedarfe gekürzt. Auch der Abbruch von Eingliederungsmaßnahmen führt zu Kürzungen beim ALG 2
- Beachten Sie die Termine für ärztliche oder behördliche Meldeauffforderungen, wie Berufsberatung, Prüfungen von Leistungsansprüchen, Vermittlungsgesprächen und Gesprächen als Vorbereitung zur Qualifizierung. Wenn Sie die Meldepflicht verletzen, wird das ALG 2 um 10 % gekürzt
- Vermögen oder Einkommen darf nicht in der Absicht gemindert werden, mehr oder überhaupt ALG II zu beziehen
- Bevor Sie einen Bescheid über die Absenkung der Leistungen erhalten, erfolgt eine Anhörung. In dieser werden Sie auf die drohenden Maßnahmen hingewiesen und Sie können innerhalb von 2 Wochen dazu Stellung nehmen
- Bedenken Sie, dass viele Eingliederungsvereinbarungen nichtig sind, da sie nicht auf die individuelle Situation des Arbeitsuchenden ausgerichtet sind
Arbeitsrecht, Urteile
- Urteil Az.: S 22 AS 369/09 ER vom 05.01.2010
Hartz IV – Keine Leistungskürzung bei unzureichender Rechtsfolgenbelehrung - Urteil Az. B 4 AS 20/09 R vom 17.12.2009
Keine Sanktion bei Ablehnung einer Eingliederungsmaßnahme ohne Eingliederungsvereinbarung - Urteil Az. B 4 AS 13/09 R
Arbeitslose dürfen nicht mitreden - Urteil Az.: L 7 AS 107/06 ER vom 05.09.2006
Änderungswünsche sind kein Grund für Leistungskürzung - Urteil S 37 AS 11713/05 vom 12.05.2006
Eingliederungsvereinbarung – Anzahl von monatlichen Bewerbungen - Urteil L 3 ER 175/07 AS
Eingliederungsvereinbarung: Ablehnung nur aus wichtigem Grund - Urteil S 6 AS 70/05 ER
Eingliederungsvereinbraung verstößt nicht gegen Zwangsarbeit
Informationsquellen
- Muster – Widerspruch Eingliederungsvereinbarung
- Sozialhilfe 24: Sanktionen und Pflichtverstöße bei Hartz IV