Hartz IV: Vermögen
Definition, Erklärung
Um Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende, also v.a. Arbeitslosengeld II und Sozialgeld, in Anspruch nehmen zu können, muss Hilfebedürftigkeit vorliegen. Zur Ermittlung der Hilfebedürftigkeit werden grundsätzlich Einkommen und Vermögen aller Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft berücksichtigt.
Bei der Berechnung und Genehmigung von Arbeitslosengeld II und Sozialgeld wird neben dem Einkommen auch Vermögen in In- und Ausland berücksichtigt. Dieses muss verwertbar sein, also für den Lebensunterhalt direkt verwendbar sein. Auch wenn es durch Verbrauch, Verkauf, Beleihung, Vermietung oder Verpachtung für den Lebensunterhalt genutzt werden kann, ist es verwertbar. Nicht verwertbar sind dagegen Gegenstände, die verpfändet sind.
Zum Vermögen zählen:
- Bargeld
- Guthaben auf Anlage-Konten
- Sparguthaben
- Bausparguthaben
- Sparbriefe
- Wertpapiere wie Aktien oder Fonds
- Kapitallebensversicherungen
- Haus- und Grundeigentum
- Eigentumswohnungen
- Dingliche Rechte an Grundstücken
- Schenkungen innerhalb der letzten 10 Jahre
Nicht zum Vermögen zählen sogenanntes privilegiertes Vermögen oder auch Schonvermögen:
- Angemessener Hausrat, also Gegenstände, die für die Haushaltsführung und zum Wohnen notwendig oder üblich sind
- Angemessenes Kraftfahrzeug für jeden erwerbsfähigen Hilfebedürftigen. Der Wert des Autos darf maximal 7.500 Euro betragen
- Vermögen für die Alterssicherung ohne Höchstbetrag, wenn der Hartz 4-Anspruchsberechtigte oder/und sein Partner von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit ist. Darüber ist allerdings ein Nachweis, z.B. durch eine entsprechende Versicherungspolice zu erbringen
- Selbst bewohnte angemessene Eigentumswohnung oder Haus. Als angemessen gilt eine Eigentumswohnung bis 120 m2 oder ein Haus bis 130 m2 Wohnfläche oder Grundstück bis zu 500 m2 in der Stadt oder 800 m2 auf dem Land
- Vermögen zur Beschaffung oder zum Erhalt eines angemessenen Hausgrundstücks für behinderte oder pflegebedürftige Personen
- Sachen und Rechte, deren Verwertung offensichtlich unwirtschaftlich ist
Sobald durch Verkauf ein Wert erzielt werden würde, der um mehr als 10 % unterhalb des aktuellen Substanzwerts liegt, ist die Verwertung als unwirtschaftlich einzustufen - Angespartes Schmerzensgeld
Vom Vermögen abzuziehen sind:
- Freibeträge:
Jedes Mitglied einer Bedarfsgemeinschaft, auch ein minderjähriges Kind, hat einen Freibetrag von mindestens 3100 Euro bzw. 150 Euro pro vollendetem Lebensjahr. D.h. ein 38-jähriger hat einen Freibetrag von 38×150 Euro = 5.700 Euro. Der Höchstbetrag bei Kindern beträgt 3.100 Euro, bei Erwachsenen 9.750 Euro
Wer vor dem 1.1.1948 geboren ist, hat einen Freibetrag von 520 Euro pro Lebensjahr und einen Höchstbetrag von 33.800 Euro - Altersvorsorge aus „Riester-Anlagen„. Ausnahme: Vorzeitige Verwendung dieser Riester-Rente
- Sonstige Altersvorsorge: Vermögen, das ausschließlich für die Altersvorsorge dient, ist bis zu einem Freibetrag von 250 Euro je vollendetem Lebensjahr des Hartz 4-Anspruchberechtigten und auch seines Partners vom Vermögen abzuziehen. Eine Verwendung dieses Vermögens vor dem Ruhestand muss aber vertraglich und unwiderruflich ausgeschlossen sein. Die Höchstgrenze beträgt 16.250 Euro
- Freibetrag für notwendige Anschaffungen: 750 Euro pro Hilfsbedürftigen in der Bedarfsgemeinschaft
Solange Vermögen vorhanden ist, gibt es kein ALG II oder Sozialgeld. Es gilt die sofortige Vermögensverwertung, d.h. das Vermögen ist erst aufzubrauchen, bevor Hartz 4-Leistungen in Anspruch genommen werden können. Nur wenn eine Verwertung nicht möglich ist oder eine besondere Härte bedeuten würde, wird Arbeitslosengeld 2 bzw. Sozialgeld in Form eines Darlehens bezahlt. Möglicherweise muss dieses Darlehen z.B. durch eine Hypothek abgesichert werden. Als besondere Härte zählt z.B. eine Vermögensrückstellung für eine würdige Beerdigung.
Tipps, Checkliste
- Fragen Sie Ihren Ansprechpartner bei der ARGE oder in der Arbeitsagentur, was zu einem angemessenen Hausrat zählt
- Verkaufen Sie nicht in Panik irgendwelche Vermögenswerte bevor Sie Hartz IV-Leistungen beantragen
- Klären Sie zuerst, was tatsächlich zu Ihren Vermögenswerten zählt und was nicht
- Investieren Sie von Ihrem Vermögen in „angemessene“ Anschaffungen für Ihren Haushalt, wie einen Computer oder eine neue Waschmaschine. Diese können Ihnen von der ARGE später nicht weggenommen werden
- Wenn der Wohnraum als unangemessen betrachtet wird, vermieten Sie einzelne Räume
- Die Arbeitsagentur darf Sie nicht zum Verkauf bestimmter Gegenstände zwingen, wenn der Verkauf unwirtschaftlich ist
- Das Vermögen von Kindern ist hartzsicher. Allerdings fällt der Anspruch des Kindes auf Sozialgeld weg, wenn es ein Vermögen von mehr als 4.850 Euro besitzt
- Bevor Sie der Arbeitsagentur Auskunft über Ihre Vermögensverhältnisse geben, sollten Sie selbst Ihre Vermögenswerte aufstellen und ordnen
- Schichten Sie möglicherweise Ihr Vermögen um, bevor Sie den Antrag auf ALG II und Sozialgeld stellen
- Führen Sie in einer Bedarfsgemeinschaft getrennte Konten und schließen Sie evt. Untermietverträge ab, um nicht mit Ihrem Geld für andere Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft einstehen zu müssen
- Schulden zählen nicht als negatives Vermögen!
- Achten Sie darauf, dass die Konten für die Kinder auf deren Namen laufen. Ansonsten werden diese als Vermögenswert herangezogen und bleiben nur bis zum Freibetrag bei der Ermittlung des Vermögens unberücksichtigt
- Verschweigen Sie vorhandenes Vermögen bei Ihrem Antrag auf Arbeitslosengeld II nicht. Die ARGE ist berechtigt, gezahlte Leistungen zurückzufordern
Arbeitsrecht, Urteile
- Urteil L 5 AS 45/06 vom 11.12.2009
Keine „Hartz IV“-Bezüge für einen Audi A 6-Besitzer - Urteil Az.: B 14/7b AS 66/06 R
Kfz bis 7.500 EUR Wert kein anrechenbares Vermögen bei Hartz IV - Urteil Az.: B 4 AS 79/08 R
Hartz IV: Vermögen der Kinder auf ihren Namen anlegen - Urteil Az. B 14 AS 27/07 R
Hartz IV – Hilfebedürftigkeit trotz Vermögens - Urteil AZ: S 24 AS 212/07 ER
Hartz IV: Eine Erbschaft ist „Einkommen“ – kein Vermögen - Urteil AZ: L 12 AS 5863/07 vom 26.06.2008
Hartz IV: Vermögensfreibetrag der Kinder ist auf Eltern übertragbar