Innere Kündigung
Definition, Erklärung
Die innere Kündigung steht in starkem Zusammenhang mit der Mitarbeiterzufriedenheit. Deren Basis sind die Wertvorstellungen und Erwartungen des Arbeitnehmers. Werden sie nicht erfüllt, kommt es zu einem Bruch im sogenannten „psychologischen Arbeitsvertrag“. Dieser umschreibt die Übereinstimmung zwischen Unternehmenserwartungen und der Bereitschaft des Einzelnen, sich mit seinen Leistungen einzubringen.
Mitarbeiterzufriedenheit kann mit geeigneten Analyseverfahren gemessen werden. Defizite zeigen sich aber auch unmittelbar, zum Beispiel durch ansteigende Fehlzeiten oder hohe Fluktuationsraten. Nach Untersuchungen von Gallup machen etwa 70 Prozent aller Arbeitnehmer Dienst nach Vorschrift. Etwa 18 Prozent aller Arbeitnehmer haben innerlich gekündigt. Damit ist eine extreme Form der Frustration gemeint. Auf erste Enttäuschungen wird zunächst mit Protest reagiert, dann mit Resignation und schließlich mit der Kündigung im „Geiste“. Da sich dieser Prozess langsam und schleichend vollzieht, wird er häufig nicht bewußt wahrgenommen, weder vom Betroffenen selbst noch vom jeweiligen Vorgesetzten. Erst ein spürbares Nachlassen der Leistungen führt dann in der Regel dazu, den Mitarbeiter zu kritisieren, der sich daraufhin noch mehr in die innere Kündigung zurückziehen wird.
Anzeichen:
- Fehlendes Engagement und Einsatzbereitschaft
- Beschränkung der Arbeitsleistung auf ein Mindestmaß
- Keine Eigeninitiative
- Verhaltensveränderungen: Aus Menschen, die Überstunden leisteten, mit neuen Ideen aufwarteten, um Karriere zu machen, werden Menschen, die nur noch das Nötigste leisten und ihre Arbeitszeit genau einhalten. Oder aus kritischen Mitarbeitern werden „Ja-Sager“
- Nichtausschöpfen von Handlungsbefugnissen
- Entstehung von „Jammerclubs“
- Nichtäußern von Kritik
- Reduzieren der Kommunikation und Rückzug ins Private
- Kommentarloses Akzeptieren und Ausführen von Vorgesetztenentscheidungen
- Körpersprache signalisiert Resignation, Kraftlosigkeit, Langeweile, Desinteresse
- Pseudo-Harmonie, Distanz, Kühle statt Humor, Witze, Lachen
- Keine Teilnahme an Veranstaltungen, die mit der eigentlichen Arbeit nichts zu tun haben, wie Betriebsfeiern, Betriebsausflüge oder Incentive-Veranstaltungen
- Passivität bei Teamarbeit, in Diskussionen
- Erhöhte Fehlzeiten, verlängerte Pausen während der Arbeitszeit, pünktlich bei Arbeitsbeginn und Arbeitsende, Verweigerung von Überstunden
- Fehlendes Interesse an Weiterbildung und Karriere
- Kritik und Sanktionen prallen scheinbar ab
Ursachen:
- Unzufriedenheit mit Arbeitssituation
- Schlechtes Betriebsklima
- Keine Möglichkeit der positiven Einflussnahme
- Unter- oder Überforderung
- Angst vor Rationalisierungen und Umorganisationen
- Fehlende Anerkennung, Kommunikation und Sinngebung
- Intransparente Verantwortlichkeiten
- Unklare Aufgabenstellungen
- Zeitdruck
- Mobbing
- Als ungerecht empfundene Leistungsbeurteilungen, Bewertung der Arbeitsergebnisse
- Nichterfüllung von beruflichen Erwartungen oder Versprechungen (Karriere, Auslandsentsendung, Projektleitung)
- Unnötige Bürokratisierung und Formalisierung
- Motivation beschränkt sich auf das Einkommen und den Erhalt des Arbeitsplatzes, kein Interesse an der eigentlichen Arbeit
- Burnout, Depressionen, Stress
- Kündigung erfolgt nicht aus Angst vor Arbeitslosigkeit und fehlender besserer Alternativen
Folgen:
- für den Betroffenen: Unzufriedenheit, Unglücklichsein, negatives Erleben des Arbeitslebens, Ablehnung und Unverständnis des Verhaltens im Kollegenkreis, nachlassende Loyalität gegenüber dem Arbeitgeber
- für das Unternehmen: zunehmende Fehlzeiten, weniger Ideen, geringes Engagement, nachlassende Produktivität
Tipps, Checkliste
- Für Vorgesetzte
- Nehmen Sie Anzeichen, wie erhöhter Krankenstand, häufige Fehlzeiten, nachlassende Qualität, steigende Anzahl von Beschwerden und Kundenreklamationen ernst
- Prüfen sie sich hinsichtlich möglicher Führungsfehler durch eine gründliche und systematisierte Selbstbeobachtung
- Lassen Sie sich Feedback geben, z.B. in Mitarbeitergesprächen
- Versuchen Sie, gute Voraussetzungen für eine hohe Mitarbeiterzufriedenheit zu schaffen. Das können sein:
- Kooperativer Führungsstil
- Erweiterung von Handlungsspielräumen
- Anerkennung statt Kritik
- Einbindung von Mitarbeitern, die innerlich gekündigt haben, in das Verbesserungswesen bzw. in Projekte, die sich mit Verbesserungspotentialen befassen. Diese Mitarbeiter sind Experten für Unternehmensanalysen
- Stellen Sie Ihren Mitarbeiter zur Rede und fragen Sie ihn nach den Gründen seines nachlassenden Engagements
- Nehmen Sie die Gründe ernst und treffen Sie mit Ihrem Mitarbeiter Vereinbarungen, um die innere Kündigung zu überwinden
- Für Betroffene
- Analysieren Sie, warum Sie mit Ihrer Arbeit unzufrieden sind und schreiben Sie es auf
- Reden Sie mit Freunden und Kollegen über Ihre Unzufriedenheit und lassen Sie sich Anregungen geben
- Besprechen Sie Ihre Situation mit Ihrem Vorgesetzten
- Machen Sie Ihrem Vorgesetzten in einem Gespräch Vorschläge, wie sich die Situation verbessern lässt bzw. welche Alternativen für Sie bestehen, wenn sich nichts ändert
- Vereinbaren Sie mit Ihrem Chef konkrete Ziele und Maßnahmen und achten Sie auf die Einhaltung von beiden Seiten
- Wenn sich nichts ändert, bringen Sie den Mut auf, zu kündigen und sich einen neuen Arbeitsplatz zu suchen. Ihre Unzufriedenheit wird Sie sonst auf Dauer krank machen
Informationsquellen
- Innere Kündigung
SRH Hochschule Heidelberg
Literatur
- Ratgeber: Der direkte Weg ins Herz Ihrer Mitarbeiter – Emotionales Change Management
- Ausgepowert? Hilfen bei Burnouts, Stress, innerer Kündigung von Axel Koch und Stefan Kühn
- Die Entdeckung der Faulheit. Von der Kunst, bei der Arbeit möglichst wenig zu tun. Von Corinne Maier
- Die innere Kündigung von Arbeitnehmern – empirische Daten, Phänomene, Gegenmaßnahmen von Martin Schwarz
- Ausgepowert? Hilfen bei burnouts, Stress, innerer Kündigung von Axel Koch und Stefan Kühn
- Innere Kündigung. Wenn der Job zur Fassade wird von Ralf D. Brinkmann und Kurt H. Stapf