Mitarbeitergespräch oder Jahresgespräch
Definition, Erklärung
Eine Führungskraft sollte mit jedem Mitarbeiter einmal im Jahr ein Mitarbeitergespräch führen. Es dient sowohl der Motivation als auch der Eignungsfeststellung bzw. Leistungsbeurteilung. Meistens mithilfe eines Formulars werden Leistung und vereinbarte Ziele überprüft. Zugleich dient das Gespräch der Personalentwicklung bzw. Mitarbeiterförderung. Eine Folge von Mitarbeitergesprächen kann eine Weiterbildungsmaßnahme, eine neue Aufgabenzuordnung und bei erfolgreicher Gehaltsverhandlung eine Einkommenserhöhung sein.
Das Mitarbeitergespräch oder Jahresgespräch ist ein fester Bestandteil in vielen Unternehmen. Für viele Führungskräfte und Mitarbeitende ist dieser Termin jedoch mit Unsicherheit und Stress verbunden. Es geht um Bewertungen, Beurteilungen und Einschätzungen, die häufig weitreichende Konsequenzen nach sich ziehen können – von Karriereschritten über Weiterbildungsmaßnahmen bis hin zu Gehaltserhöhungen. Gerade wegen dieser Bedeutung wird das Potenzial des Mitarbeitergesprächs oft nicht ausgeschöpft. Zu viele Gespräche bleiben oberflächlich oder werden als reine Pflichtübung abgetan.

stärkenorientiertes Mitarbeitergespräch
Dieser Artikel zeigt, wie persönliche Stärken und Stärkenorientierung das Mitarbeitergespräch bereichert und produktiver gestalten kann. Er liefert wertvolle Hinweise für eine professionelle und wertschätzende Vorbereitung sowie Durchführung.
Stärken – Ein Schlüssel zu mehr Erfolg
Doch was genau sind Stärken? Stärken beschreiben tief verankerte Aspekte der Persönlichkeit – nicht zu verwechseln mit erlernbaren Fähigkeiten. Sie spiegeln Eigenschaften wider, die Menschen auszeichnen und ihnen intrinsische, individuelle Kraft verleihen. Wer seine Stärken einsetzen kann, arbeitet nicht nur effizienter, sondern auch motivierter und zufriedener.
Spannend ist dabei die Erkenntnis, dass unsere Schwächen viel stärker mit unseren Stärken in Verbindung stehen, als die meisten Menschen denken. Zu stark ausgelebte Stärken können auf die Schattenseite kippen, also zur Schwäche werden. Zum Beispiel kann eine Stärke wie „Verantwortung“ ins Negative umschlagen, wenn sie zu Perfektionismus führt, oder „Fokussierung“ kann bei extremer Ausprägung sich darin äußern, wenn Menschen an einem Projektverlauf festhalten, obwohl es bessere Alternativen gäbe. Das Bewusstsein hierfür kann dabei helfen, Schwächen besser zu verstehen und konstruktiv damit umzugehen.
Die Konzentration auf Stärken bietet zahlreiche Vorteile:
- Effizienz und Qualität: Mitarbeitende bringen bessere Arbeitsergebnisse.
- Motivation und Freude: Stärkenbasiertes Arbeiten fördert die intrinsische Motivation.
- Teamwork: Teams profitieren von der Diversität der Stärken.
- Mentale Gesundheit: Wer seine Stärken nutzen kann, bleibt resilienter.
- Loyalität: Mitarbeitende, die ihre Talente einsetzen können, identifizieren sich stärker mit dem Unternehmen.
Ein stärkenorientiertes Mitarbeitergespräch ist deshalb ein wichtiger Hebel, um Mitarbeitende zu fördern und ihre Potenziale freizusetzen.
Wichtige Fragen zum Thema Stärken:
- Wo konnten sich die besonderen Stärken des Mitarbeiters entfalten?
- Gab es Situationen, in denen der Mitarbeiter seine Stärken im Team besonders nutzen konnte?
- Was könnte getan werden, um diese Stärken zukünftig noch besser einzusetzen?
- Welche Bedürfnisse sollten stärker berücksichtigt werden?
Stärken – Eine Inspiration für die Praxis
Ein stärkenorientiertes Mitarbeitergespräch kann durch folgende Stärken bereichert werden:
Kopfstärken:
- Metaebene, Expertise, breites Wissen, Weitblick, Retrospektive, Planung, Kreativität, Logik
Hand-/Umsetzungsstärken:
- Umsetzung, Organisieren, Fokussierung, Verantwortung, Achtsamkeit, Flexibilität, Struktur, Problemlösung
Herz-/Menschenorientierte Stärken:
- Empathie, Menschenkenntnis, Unterstützung, Entscheidungsfreude, Netzwerken, Harmonie, Leichtigkeit, Vertrauen
Die bewusste Integration dieser Stärken im Alltag sorgt dafür, dass Mitarbeitende ihre Potenziale voll ausschöpfen und motiviert an ihre Aufgaben herangehen.
Ziele eines Mitarbeitergesprächs
Ein gut durchgeführtes Mitarbeitergespräch hat klare Ziele:
- Wertschätzender Rückblick: Reflexion über Erfolge und Herausforderungen des vergangenen Jahres / Beurteilungszeitraumes.
- Positiver Ausblick: Planung der Zusammenarbeit und Weiterentwicklung.
- Leistungsbewertung: Objektive Einschätzung der Arbeitsergebnisse.
- Zielvereinbarungen: Definition konkreter und realistischer Ziele.
Neben diesen Kernzielen können auch individuelle Aspekte einfließen, wie die Klärung persönlicher Anliegen oder die Optimierung der Zusammenarbeit im Team.
Ein besonders wertvoller Aspekt ist die Verbindung der Stärken der Führungskraft mit denen der Mitarbeitenden. Wer die individuellen Stärken seines Gegenübers kennt, kann auf einer passenderen Kommunikationsebene interagieren. Das Wissen um eigene Stärken ermöglicht Führungskräften zudem, gezielt an ihrer Wirkung und Zusammenarbeit zu arbeiten. Diese Reflexion und das Zusammenspiel der Stärken entfalten eine ganz besondere Art der Wertschätzung.
Vorbereitung – Der Schlüssel zum Erfolg
Eine gute Vorbereitung ist essenziell, um das Mitarbeitergespräch erfolgreich zu gestalten. Idealerweise wird das ganze Jahr über eine Art Leistungstagebuch geführt. Dabei sollten nicht nur große Erfolge, sondern auch kleinere Leistungen und positives Feedback von Kunden oder Vorgesetzten dokumentiert werden. So gerät nichts in Vergessenheit.
Weitere Tipps zur Vorbereitung:
- Wenn Ihr Vorgesetzter nicht auf Sie zukommt, ergreifen Sie die Initiative und vereinbaren einen Termin mit ihm für das Mitarbeitergespräch
- Zwei Wochen vor dem Gespräch sollte ein Fragebogen verteilt und ein ausreichend langer Termin vereinbart werden (ca. 1 bis 1,5 Stunden).
- Ein Puffer von 30 Minuten kann helfen, Verzögerungen abzufangen.
- Mitarbeitende sollten die Möglichkeit erhalten, auch die Führungsleistung der Vorgesetzten zu bewerten. Diese Einschätzung sollte im Gespräch wertfrei aufgenommen werden. Auch hier hilft eine vorgegebene, einheitliche Vorlage.
- Der Fragebogen sollte von beiden Seiten ausgefüllt werden, um unterschiedliche Perspektiven aufzuzeigen und gezielt Diskussionspunkte zu setzen
- Achten Sie darauf, dass das Formular, das meist in der Personalakte landet, richtig ausgefüllt ist. Ansonsten legen Sie Einspruch ein und schalten die Personalabteilung bzw. den Betriebsrat ein
- Achten Sie auf ein 4-Augen-Gespräch. Bei schwierigen Gesprächen, z.B. bei Kündigung, sollten Sie eine Person Ihres Vertrauens (Betriebsrat, Rechtsanwalt) mit einbeziehen
- Nutzen Sie das Gespräch auch dazu, Ihre eigenen Wünsche zur Zusammenarbeit anzubringen
- Bleiben Sie sachlich und freundlich, auch wenn das Gespräch nicht so verläuft, wie Sie es sich wünschen
Besonders wichtig ist die Berücksichtigung individueller Präferenzen: Zum Beispiel haben Mitarbeitende mit Stärken wie „Expertise“ oder „breites Wissen“ möglicherweise ein stärkeres Interesse an Weiterbildung und Wissensaustausch als andere. Führungskräfte sollten diese individuellen Bedürfnisse im Vorfeld einplanen, um gezielte Angebote machen zu können.
Ein Reminder 1-3 Tage vor dem Gespräch sorgt dafür, dass sich beide Seiten gut vorbereitet fühlen.
Der Ablauf eines Mitarbeitergesprächs
Ein klar strukturierter Ablauf sorgt dafür, dass das Gespräch professionell und produktiv verläuft:
- Einstieg: Beginne mit einem lockeren Smalltalk, um eine entspannte Atmosphäre zu schaffen. Dieser Bereich wird viel zu oft unterschätzt.
- Bewertung der Führungskraft: Der Mitarbeiter hat die Gelegenheit, anhand des Fragebogens Feedback zur Führungsleistung zu geben. Die Führungskraft sollte dieses Feedback wertschätzend annehmen und nicht kommentieren oder sich rechtfertigen.
- Wertschätzender Rückblick:
- Welche Erfolge und Leistungen stechen hervor?
- In welchen Situationen ist der Mitarbeiter aufgeblüht?
- Welche Herausforderungen gab es, und wie wurden sie gemeistert?
- Reflexion der Zielvereinbarungen des letzten Jahres.
- Positiver Ausblick:
- Welche Stärken können genutzt werden, um künftige Herausforderungen zu meistern?
- Wie können die Stärken zur Erreichung von Unternehmenszielen beitragen?
- Welche Rahmenbedingungen müssen verbessert werden, damit der Mitarbeiter seine Stärken optimal einbringen kann?
- Welche Kollegen können mit ihren Stärken diesen Mitarbeiter unterstützen?
- Zielvereinbarung:
- Gemeinsame Definition konkreter Ziele für das kommende Jahr.
- Die Ziele sollten SMART (spezifisch, messbar, erreichbar, realistisch, terminiert) formuliert sein.
- Zielvereinbarungen dienen gleichzeitig als Grundlage für das nächste Gespräch.
- Abschluss:
- Das Gespräch sollte positiv und motivierend beendet werden.
Ein gut vorbereitetes und stärkenorientiertes Mitarbeitergespräch schafft nicht nur Klarheit und Orientierung, sondern legt die Grundlage für eine langfristig erfolgreiche Zusammenarbeit. Unternehmen, die diesen Ansatz konsequent verfolgen, profitieren von motivierten, loyalen und leistungsstarken Teams.