Betriebsrat: Rechte und Pflichten
Definition, Erklärung
In privaten Betrieben und Unternehmen ab einer Grösse von mindestens 5 ständig wahlberechtigten Arbeitnehmern, wovon 3 wählbar sein müssen, haben diese laut Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) das Recht, einen Betriebsrat zu wählen. Der Arbeitgeber muss dazu nicht aktiv werden. Andererseits darf er die Wahl nicht behindern oder verbieten und trägt die Wahlkosten sowie alle durch die Arbeit des Betriebsrats entstehenden Kosten.
Wahlberechtigt sind Arbeiter und Angestellte des Betriebs, die das 18. Lebensjahr erreicht haben. Dazu gehören auch Außendienstmitarbeiter, Tele- und Heimarbeiter, sofern sie überwiegend für den Betrieb tätig sind, sowie Auszubildende. Werden Arbeitnehmer eines anderen Arbeitgebers zur Arbeitsleistung überlassen, so sind diese wahlberechtigt, wenn sie länger als drei Monate im Betrieb eingesetzt werden. Hauptsächlich betrifft dies die Leiharbeitnehmer.
Der Betriebsrat vertritt die Interessen der Arbeitnehmer gegenüber dem Arbeitgeber und hat Rechte bei Kündigungen und Einstellungen. Er wird für jeweils 4 Jahre durch die Arbeitnehmer gewählt. Die Wahl findet in der Regel zwischen dem 01. März und dem 31. Mai statt. Außerhalb dieses Zeitraums kann die Wahl nur durchgeführt werden, wenn bislang noch kein Betriebsrat im Unternehmen installiert war.
Eine Neuwahl wird bereits nach 2 Jahren fällig, wenn sich die Zahl der Beschäftigten um 50% (mindestens aber 50 Beschäftigte) nach oben oder unten verändert hat. Wählbar sind alle Wahlberechtigten, die zum Zeitpunkt der Wahl mindestens seit 6 Monaten dem Betrieb angehören. Sowohl für das aktive wie das passive Wahlrecht ist die Vollendung des 18. Lebensjahres erforderlich. Häufig gehören die Betriebsräte einer Gewerkschaft an, allerdings ist dies nicht zwingend notwendig. Leitende Angestellte dürfen weder wählen noch gewählt werden.
Jedes Betriebsratsmitglied genießt Kündigungsschutz für die Dauer seiner Amtszeit und noch ein Jahr darüber hinaus. Ausgenommen davon sind außerordentliche Kündigungen oder Kündigungen bei Betriebsschließungen. Abhängig von der Mitarbeiterzahl des Betriebs, ist eine bestimmte Zahl an Betriebsratsmitgliedern vollständig vom Dienst frei zu stellen.
Das Betriebsverfassungsgesetz gilt nicht für den öffentlichen Dienst. Dort gelten die Personalvertretungsgesetze, auf deren Grundlage ein Personalrat gewählt wird. Die Mitarbeiter sogenannter Tendenzbetriebe, gemeint sind in erster Linie religiöse Betriebe, bilden Mitarbeitervertretungen auf Grundlage eines eigenen Kirchenrechts.
Oberste Aufgabe des Betriebsrats ist die Förderung und Sicherung der Beschäftigung für die Arbeitnehmer. Die damit verbundenen Aufgaben und Rechte beziehen sich auf:
- Gestaltung von Arbeitsplatzumgebung und Arbeitsablauf
- Personalangelegenheiten wie Kündigung, Einstellung, Umgruppierung und Versetzung
- Wirtschaftliche Angelegenheiten, wie z.B. die Ausarbeitung eines Sozialplans
- Überwachung der Einhaltung von Gesetzen, Bestimmungen, Tarifvereinbarungen, Betriebsvereinbarungen, Unfallverhütungsvorschriften, Umweltschutzbestimmungen usw.
- Unterstützung und Förderung von älteren Arbeitnehmern, Arbeitnehmern mit Behinderungen und ausländischen Arbeitnehmern
- Gleichstellung von Frauen und Männern
- Mitbestimmung beim Fehlen gesetzlicher oder tarifvertraglicher Regelungen. Beispiele hierfür sind Regelungen zur Arbeitszeit, Entlohnung, Urlaub, die Einführung von Überwachungseinrichtungen der Mitarbeiter, das Vorschlagswesen
Über alle Vorhaben, die die Belange der Arbeitnehmer betreffen, hat der Arbeitgeber den Betriebsrat rechtzeitig zu informieren, damit dieser seinen Einfluss geltend machen kann. Dieser reicht von einer reinen Beratung des Arbeitgebers, z. B. beim Bau technischer Einrichtungen, bis hin zu echter Mitbestimmung, sofern noch keine tarifvertragliche Einigung besteht wie z. B. beim Thema Mehrarbeit oder der Festlegung von Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeiten. Kommt keine Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat zustande, kann der Betriebsrat zur Wahrung seiner Rechte zu Rechtsmitteln greifen. Diese reichen von der Einschaltung einer Einigungsstelle bis hin zum Strafantrag.
In Deutschland haben nahezu alle Unternehmen mit einer Größe von mehr als 250 Mitarbeitern einen Betriebsrat. Diese Quote nimmt mit sinkender Betriebsgröße kontinuierlich ab. So beträgt sie bei Betrieben mit weniger als 100 Mitarbeitern nur noch 30-40 %. Dabei haben Untersuchungen gezeigt, dass in der Regel sowohl Arbeitgeber wie Arbeitnehmer vom Vorhandensein eines Betriebsrats profitieren können. In solchen Betrieben nämlich liegen sowohl die Produktivität als auch das Lohnniveau über dem Durchschnitt, und die Personalfluktuation ist geringer. Auch sogenannte schmerzliche Maßnahmen, wie Outsourcing und Betriebsschließungen sind der Belegschaft leichter zu vermitteln.
Tipps, Checkliste
- Wenn in Ihrem Betrieb noch kein Betriebsrat existiert, prüfen Sie inwieweit die Voraussetzungen für eine Gründung vorliegen
- Schalten Sie Ihren Betriebsrat bei Streitigkeiten mit dem Arbeitgeber ein. Gerade in Kündigungsfällen kann er Einspruch dagegen einlegen. Das macht die Kündigung zwar nicht unwirksam, bis zum Abschluss eines evtl. Verfahrens vor dem Arbeitsgericht bleiben Sie aber auf jeden Fall weiter beschäftigt
- Häufig sind Betriebsräte für verschiedene Themen besonders geschult und kennen sich auch in Streitfällen gut aus. Nutzen Sie dieses Wissen
Arbeitsrecht, Urteile
- Urteil 1 TaBV 40 a/09 vom 09.08.2010
Wann der Betriebsrat PC und Internet beanspruchen kann - Urteil 7 ABR 103/08 vom 23.06.2010
Kinderbetreuungskosten für Beriebsratsmitglieder - Urteil Az.: 3 TaBV 31/07 vom 27.01.2010
Arbeitgeber muss PC für Betriebsratsarbeit zur Verfügung stellen - Urteil Az.: 7 AZR 79/08 vom 20.01.2010
Betriebsrat kann vom Arbeitgeber die Bereitstellung eines Internetanschlusses verlangen - Urteil 5 BV 34/08 vom 16.10.2008
Bei Überlassen von Bewerbungsunterlagen an Dritte durch Betriebsratsvorsitzenden kann dieser vom Betriebsrat ausgeschlossen werden - Urteil AZ 4 AZR 14/08 vom 22.04.2009
Beteiligung des Betriebsrats bei Überleitung in die Entgeltordnung des VTÖD - Urteil 10 TaBV 149/08 vom 20.03.2009
Zur außerordentlichen Kündigung eines Gesamtbetriebsratsvorsitzenden - Urteil Az. 3 TaBV 107/08 vom 05.02.2009
Begünstigung einzelner Betriebsratsmitglieder - Urteil 7 AZR 90/07 vom 07.05.2008
BR-Schulung kurz vor Ende der Amtszeit - Urteil 5 TaBV 79/07 vom 27.11.2008
Erstattung von Kinderbetreuungskosten während BR-Tätigkeit - Urteil 4 BV 15/07
BR-Vorsitzender hat Anspruch auf Dienst-Handy - Urteil 17 TaBV 607/08 vom 09.07.2008
Internetzugang für Betriebsrat - Urteil 9 TaBVGa 72/07
Behinderung der Betriebsratsarbeit … und die Folgen - Urteil 7 ABR 55/05
Antiquierte Betriebsratsbüros - Urteil 2 AZR 83/05
Hohe Huerden bei der Kuendigung von Mitgliedern der Betriebsvertretung - Urteil 10 Ta BV 31/05
Betriebsrat darf Mitarbeiterliste für Betriebsratswahlen verlangen - Urteil 7 AZR 514/03
Privatnutzung eines Dienstwagens durch freigestelltes Betriebsratsmitglied
Informationsquellen
- Musterbrief zu Einspruch gegen Kündigung beim Betriebsrat
- SoliServ.de, Rubrik Betriebs/Personalräte
Mit Rechtsentscheidungen und Informationspaket für Betriebsratswahlen - ifb; Institut zur Fortbildung von Betriebsräte
Neben Seminarangebot Gesetze, Rechtsprechung, Betriebsvereinbarungen
Literatur
- Strategien im Umgang mit dem Betriebsrat von Dietmar Heise und Klaus-Peter Stegen
- Betriebsrat – was tun? von Klaus Kellner
- Der ARD-Ratgeber Betriebsrat von Achim Thannheiser beschreibt die Rechte und Aufgaben eines Betriebsrat und eignet sich damit vor allem für neugewählte Betriebsratsmitglieder für einen schnellen Einstieg
- Nach Hartz und VW Affäre. Der Betriebsrat – Ehrenamt oder Führungsaufgabe; Rechtsanwalt Dr. Norbert Pflüger