Wann sind digitale Arbeitsverträge rechtsverbindlich
Digitale Prozesse prägen zunehmend das Arbeitsleben, auch im Vertragswesen. Immer mehr Unternehmen setzen auf papierlose Lösungen, um Zeit und Ressourcen zu sparen. Der digitale Arbeitsvertrag ist dabei ein zentrales Element. Doch trotz moderner Technologien gelten weiterhin strenge rechtliche Rahmenbedingungen, insbesondere bei der Form und Wirksamkeit von Arbeitsverträgen.
Der folgende Text beleuchtet, ab wann ein digitaler Arbeitsvertrag als rechtsgültig gilt, welche technischen und rechtlichen Voraussetzungen erfüllt sein müssen und wie sich digitale Vertragsabschlüsse in der Praxis umsetzen lassen.
Vertragsfreiheit trifft auf Formvorgaben
Grundsätzlich gilt im Arbeitsrecht Vertragsfreiheit. Arbeitsverträge sind formfrei wirksam, wenn keine besonderen gesetzlichen Vorschriften bestehen. Das bedeutet: Auch ein mündlich geschlossener Vertrag ist grundsätzlich rechtswirksam, sofern sich beide Parteien über die wesentlichen Vertragsbestandteile wie Beginn, Arbeitszeit, Vergütung und Tätigkeit einig sind.

Digitale Arbeitsverträge machen den Einstellungsprozess schneller, einfacher und nachhaltiger.
Die Schriftform ist dennoch in vielen Fällen üblich, da sie Beweissicherheit bietet. Bei digitalen Arbeitsverträgen stellt sich die Frage, ob die elektronische Form die Schriftform ersetzen kann. Dies ist nur dann der Fall, wenn eine qualifizierte elektronische Signatur (QES) verwendet wird, die die Anforderungen des § 126a BGB erfüllt und die handschriftliche Unterschrift vollständig ersetzt. Ein einfacher Scan der Unterschrift oder das Setzen eines Namens unter eine PDF reicht nicht aus, wenn eine Schriftformerfordernis gesetzlich vorgeschrieben ist. Entscheidend sind demnach die jeweiligen Formvorgaben und die technische Umsetzung des digitalen Vertrags.
Technische Anforderungen für rechtsgültige Verträge
Damit ein digitaler Arbeitsvertrag als rechtsgültig gilt, müssen bestimmte technische Standards eingehalten werden. Zentrale Voraussetzung ist der Einsatz der qualifizierten elektronischen Signatur. Diese basiert auf einem Zertifikat, das von einem vertrauenswürdigen Anbieter ausgestellt wird. Der Signaturprozess muss eindeutig einer bestimmten Person zuordenbar sein und die Integrität des Dokuments sicherstellen.
Folgende Elemente sind erforderlich:
- Nutzung einer qualifizierten elektronischen Signatur gemäß eIDAS-Verordnung
- Identifizierung der unterzeichnenden Personen durch ein sicheres Verfahren (z. B. Zwei-Faktor-Authentifizierung)
- Schutz des Dokuments vor nachträglicher Veränderung
- Speicherung auf sicheren Servern oder in zertifizierten Cloud-Systemen
- Übermittlung der Vertragsbedingungen in dauerhafter, lesbarer Textform (z. B. PDF)
- Sicherstellung, dass die Erklärung dem Empfänger persönlich zugeht
- Möglichkeit zur dauerhaften Speicherung und unveränderten Wiedergabe des Vertragsdokuments
- Einhaltung der Datenschutzanforderungen nach DSGVO bei der Verarbeitung und Speicherung
Anbieter von elektronischen Signaturlösungen müssen gemäß der eIDAS-Verordnung in einer offiziellen Vertrauensliste der EU gelistet sein. Nur dann sind ihre Signaturen rechtlich gleichwertig mit einer handschriftlichen Unterschrift. Unternehmen, die digitale Arbeitsverträge einsetzen möchten, sollten daher ausschließlich zertifizierte Anbieter nutzen. Wichtig ist auch, dass die digitalen Signaturen revisionssicher archiviert werden, um im Streitfall als Beweismittel zu dienen. Ohne diese technischen Mindestanforderungen erfüllt ein digitaler Vertrag nicht die juristischen Standards und ist unter Umständen unwirksam.
Warum die Unterschrift entscheidend ist
Oft wird nicht klar zwischen verschiedenen digitalen Formen unterschieden. Eine einfache elektronische Übermittlung eines Vertragsdokuments per E-Mail oder als PDF stellt noch keinen wirksamen digitalen Vertragsabschluss dar. Entscheidend ist die Art der Unterschrift.
Die folgende Übersicht verdeutlicht die Unterschiede:
| Art der Signatur | Rechtswirkung | Anwendungsbeispiel |
| Einfache elektronische Signatur (EES) | Erfüllt keine Schriftformerfordernis, geringe Beweiskraft | Unterschrift als Text in E-Mail, eingescannter Name oder Klick auf „Zustimmen“ |
| Fortgeschrittene elektronische Signatur (FES) | Teilweise anerkannt, erfüllt teilweise Textformerfordernis (§ 126b BGB), höhere Beweiskraft als EES | Identifizierung über TAN-Systeme, biometrische Daten bei Unterschrift |
| Qualifizierte elektronische Signatur (QES) | Ersetzt die gesetzlich vorgeschriebene Schriftform vollständig (§ 126a BGB), höchste Beweiskraft | Vertrag mit Anbietern wie D-Trust oder A-Trust mit qualifiziertem Zertifikat |
Nur die qualifizierte elektronische Signatur erfüllt die Anforderungen nach § 126a BGB. In der Praxis bedeutet das: Wird ein Arbeitsvertrag ausschließlich per E-Mail mit eingescannten Unterschriften ausgetauscht, ist dieser nur wirksam, wenn keine gesetzliche Schriftform verlangt wird. Besteht eine Schriftformerfordernis, etwa bei befristeten Verträgen gemäß § 14 TzBfG, führt der Verzicht auf QES zur Unwirksamkeit der Befristung. Der Vertrag selbst bleibt bestehen, allerdings in unbefristeter Form.
Praxisleitfaden für digitale Arbeitsverträge
In der täglichen Umsetzung digitaler Arbeitsverträge stehen Unternehmen vor konkreten Aufgaben. Rechtssicherheit entsteht nicht allein durch digitale Tools, sondern durch klare Abläufe, passende Systeme und geschulte Verantwortliche. Deshalb empfiehlt sich ein strukturierter und praxisnaher Ansatz, der technische Lösungen mit juristischen Anforderungen verbindet.
Ein erster Schritt ist die Festlegung, welche Vertragsarten digital abgeschlossen werden dürfen und in welchen Fällen weiterhin die Schriftform auf Papier erforderlich ist. Bei digital zulässigen Verträgen müssen geeignete Signaturlösungen eingesetzt werden, die den gesetzlichen Anforderungen entsprechen. Besonders wichtig ist, dass die Identität der unterzeichnenden Personen eindeutig verifiziert wird und dass Vertragsinhalte nach der Signatur nicht mehr verändert werden können.
Für einen reibungslosen Ablauf sollten digitale Vertragsprozesse in bestehende HR-Systeme eingebunden und die Dokumente DSGVO-konform gespeichert werden. Interne Richtlinien helfen dabei, Zuständigkeiten zu klären, Fristen zu definieren und Standards für Archivierung sowie Fehlerkorrekturen festzulegen. Dabei ist entscheidend, dass alle Beteiligten – insbesondere Personalverantwortliche – im Umgang mit den digitalen Prozessen praxisnah geschult werden.
Wo die digitale Unterschrift nicht ausreicht
Trotz technischer Möglichkeiten gibt es gesetzlich definierte Fälle, in denen die digitale Unterschrift nicht zulässig ist. Dazu gehört vor allem die Kündigung von Arbeitsverhältnissen. Nach § 623 BGB ist dafür zwingend die Schriftform auf Papier mit eigenhändiger Unterschrift vorgeschrieben. Auch bei befristeten Verträgen (§ 14 TzBfG) muss die Befristung vor Arbeitsbeginn und in Schriftform vereinbart werden. Wird in diesen Fällen nur digital unterschrieben, gelten die jeweiligen Vereinbarungen als nicht rechtswirksam.
Solche Ausnahmen betreffen:
- Kündigungen (ordentlich und außerordentlich)
- Befristete Verträge ohne vorherige schriftliche Vereinbarung
- Arbeitsverträge mit Formerfordernis durch Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung
- Aufhebungsverträge, die weiterhin der Schriftform bedürfen
- Branchen, die im Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz (§ 2a) genannt sind, z. B. Baugewerbe, Gaststätten- und Beherbergungsgewerbe, Personenbeförderung, Logistik, Fleischwirtschaft, Wach- und Sicherheitsgewerbe.
In der betrieblichen Praxis ist daher zu klären, welche Verträge oder Erklärungen nicht digital abgeschlossen werden dürfen, um rechtliche Fehler zu vermeiden. Digitale Lösungen müssen entsprechend angepasst und kontrolliert eingesetzt werden.
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