Vertrauensarbeitszeit: Mehr Freiheit in der Arbeitsgestaltung
Bei der Vertrauensarbeitszeit können die Angestellten die Arbeitszeit innerhalb bestimmter Grenzen frei gestalten und den Beginn, das Ende und die Pausenzeiten selbst festlegen. Dabei müssen sie aber dennoch den vom Arbeitgeber vorgegebenen Gesamtumfang der Arbeitszeit erfüllen. Beispielsweise kann eine vorgeschriebene Arbeitszeit pro Woche oder pro Monat bestimmt werden.
Das Modell bringt eine Reihe von Vorteilen für Arbeitgeber und Arbeitnehmer mit sich, stellt Unternehmen aber auch regelmäßig vor große Herausforderungen, denn die gesetzlichen Vorgaben zu Arbeits- und Pausenzeiten müssen unbedingt eingehalten werden.
Die Vorteile der Vertrauensarbeitszeit
Wie der Begriff bereits verrät, basiert die Vertrauensarbeitszeit auf gegenseitigem Vertrauen. Das kann die Beziehung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer verbessern und für ein insgesamt entspanntes Verhältnis sorgen.

Bei der Vertrauensarbeitszeit steht das Erreichen der Arbeitsziele im Vordergrund, nicht die reine Anwesenheitszeit.
Überdies bringt die Vertrauensarbeitszeit eine Reihe von weiteren Vorteilen mit sich:
- Das Modell der Vertrauensarbeitszeit erlaubt mehr Flexibilität und erleichtert es Arbeitnehmern, Privates und Berufliches zu vereinbaren.
- Arbeitnehmer nehmen mehr Eigenverantwortung wahr und fühlen sich dadurch wertgeschätzt. Das kann zugleich zu einer Motivationssteigerung führen.
- Vertrauensarbeitszeit kann dazu beitragen, dass die Mitarbeiter weniger gestresst sind. Dadurch sind sie belastbarer und leiden seltener an stressbedingten körperlichen oder mentalen Erkrankungen.
- Früher bedeutet die Vertrauensarbeitszeit auch einen geringeren bürokratischen Aufwand, da die Überwachung weggefallen ist. Mittlerweile herrscht allerdings die allgemeine Pflicht zur Arbeitszeiterfassung.
Viele der Vorteile der Vertrauensarbeitszeit führen zu einer höheren Mitarbeiterzufriedenheit und so auch zu einer besseren Mitarbeiterbindung. Gleichzeitig können Arbeitgeber damit werben und neue Kandidaten möglicherweise leichter für sich gewinnen.
Die Herausforderungen der Vertrauensarbeitszeit
Natürlich hat das Modell nicht nur positive Effekte. Manche Mitarbeiter kommen mit der Eigenverantwortung nicht klar und haben Probleme, ihr Soll an Arbeitszeiten zu erfüllen. Andere arbeiten viel zu viel und laufen so Gefahr, die maximal erlaubten Arbeitsstunden pro Tag zu überschreiten. Üblicherweise sind nicht mehr als acht Stunden täglich zugelassen. Bisweilen kann die Arbeitszeit auf maximal zehn Stunden pro Tag ausgeweitet werden. Diese Überstunden müssen aber zeitnah ausgeglichen werden.
Pausenzeiten müssen durch den Arbeitnehmer eingehalten werden
Spätestens nach sechs Stunden Arbeit müssen Angestellte in Deutschland eine Pause einlegen. Das gilt auch für Arbeitnehmer, die Vertrauensarbeitszeit genießen. Aufgrund der freien Gestaltungsmöglichkeit können sie diese Pause aber nach Belieben verlängern oder im späteren Verlauf des Tages viele weitere kleine Pausen einbauen. Darüber hinaus muss der Arbeitnehmer die Ruhezeit von mindestens elf Stunden einhalten. Die Ruhezeit liegt zwischen zwei Arbeitstagen und soll dafür sorgen, dass er sich ausreichend erholen kann.
Arbeitszeiterfassung ist auch bei Vertrauensarbeitszeit verpflichtend
Auch wenn das Modell der Vertrauensarbeitszeit zunächst weiterhin möglich ist, muss unbedingt die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung erfüllt werden. Sie gilt seit dem Beschluss des Bundesarbeitsgerichtes vom 13. September 2022 für ganz Deutschland und betrifft Unternehmen jeder Größe. Grundsätzlich ist es die Aufgabe der Arbeitgeber, die ordnungsgemäße Arbeitszeiterfassung sicherzustellen und die notwendigen Mittel dafür bereitzustellen. Durch diese Pflicht soll gewährleistet werden, dass die maximal erlaubte tägliche Arbeitszeit nicht überschritten wird und die Pausenzeiten eingehalten werden. Auch Angestellte, mit denen Vertrauensarbeitszeit vereinbart wurde, sind davon nicht ausgenommen.
Können bei Vertrauensarbeitszeit auch Überstunden anfallen?
Manche Projekte erfordern besonders viel Aufmerksamkeit, sodass es auch bei Vertrauensarbeitszeit dazu kommen kann, dass ein Mitarbeiter in der Woche oder im Monat mehr arbeitet, als vorher vereinbart worden ist. Durch die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung ist es mittlerweile auch nicht mehr schwierig, solche Überstunden nachzuweisen. Sie müssen dann genauso wie bei allen anderen Arbeitsmodellen ausgeglichen werden. Das kann durch eine Bezahlung der Überstunden oder durch einen Freizeitausgleich erfolgen.
Wie entstehen Minusstunden bei der Vertrauensarbeitszeit?
Früher fand bei der Vertrauensarbeitszeit in vielen Fällen keine Kontrolle der geleisteten Arbeitszeit statt, sodass es sowohl zu Überstunden als auch zu Minusstunden kommen konnte. Der Arbeitgeber ging davon aus, dass diese vom Arbeitnehmer in einem angemessenen Zeitraum wieder ausgeglichen wurden. Da mittlerweile aber die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung besteht, lassen sich Minusstunden gut dokumentieren. Sie sollten also entsprechend nachgearbeitet werden.
Wie kann die Vertrauensarbeitszeit kontrolliert werden?
Der ursprüngliche Gedanke bei der Vertrauensarbeitszeit war, dass auf eine Kontrolle verzichtet wird. Vielmehr sollte der Arbeitnehmer durch das Erledigen von Aufgaben beweisen, dass er seiner Arbeit verantwortungsbewusst nachgekommen ist. Auch das hat sich mit der Pflicht zur Arbeitszeiterfassung ein wenig verändert. Zum Beispiel könnte der Betriebsrat jetzt mithilfe der gesammelten Daten überprüfen, ob die Höchstarbeitszeiten und die Ruhezeiten eingehalten worden sind.
Zusätzlich haben Arbeitgeber die Möglichkeit, Feedbackgespräche mit ihren Mitarbeitern zu führen und zu überprüfen, ob Zielvereinbarungen eingehalten worden sind.
Nicht für jeden Beruf geeignet
Vertrauensarbeitszeit ist nur dort möglich, wo es unerheblich ist, wann der Arbeitnehmer seine Arbeit aufnimmt, solange er sie in einem bestimmten, größer gefassten, zeitlichen Rahmen erledigt. Vor allem in Jobs mit direktem Kundenkontakt oder überall dort, wo in Schichten gearbeitet wird, kann das Arbeitsmodell nicht angewendet werden.
Wer seinen Angestellten dennoch mehr Flexibilität bieten möchte, kann gegebenenfalls zu einem Gleitzeitmodell greifen. Bei dieser Variante gibt es eine Kernarbeitszeit, zu der der Arbeitnehmer unbedingt am Arbeitsplatz sein muss. Der Beginn und das Ende der Arbeitszeit können aber ein wenig flexibler gestaltet werden, solange entsprechende Über- oder Minusstunden ausgeglichen werden.
Bildquelle: depositphotos.com
