Umsatzsteuer-Sonderprüfung

Definition, Erklärung

Selbständige, egal ob Freiberufler oder Gewerbetreibende, sind zur Abgabe von monatlichen bzw. vierteljährlichen Umsatzsteuervoranmeldungen und zur jährlichen Umsatzsteuererklärung verpflichtet. Dabei ist es im allgemeinen nicht nötig, die Rechnungsbelege dem Finanzamt einzureichen.

Andererseits kann das Finanzamt auf Basis § 196 Abgabenordnung eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung anordnen. Dabei handelt es sich um eine Außenprüfung gemäß §§ 193ff AO. Die Prüfung erfolgt nach § 6 BpO (Betriebsprüfungsordnung) in den Geschäftsräumen des Steuerpflichtigen. Eine Prüfung im Amt erfolgt nur, wenn keine Geschäftsräume vorhanden sind und die Prüfung in der Wohnung nicht möglich ist. Die Sonderprüfung umfasst normalerweise definierte Zeiträume, z.B. ein bestimmtes vorangegangenes Jahr.

Mit einer Prüfung bezweckt das Finanzamt, dass

  • steuerpflichtige Leistungen sachlich und zeitlich zutreffend besteuert werden. Insbesondere eine mögliche Privatnutzung bei Auto, Kameras werden festgestellt
  • Steuerbefreiungen und Steuervergünstigungen zu Recht in Anspruch genommen werden
  • Vorsteuerbeträge richtig vergütet werden

Eine Umsatzsteuersonderprüfung kann jederzeit angesetzt werden. Sie ist unabhängig von der Jahresumsatzsteuererklärung.

Gründe für eine Umsatzsteuerprüfung können sein:

  • Die Vorsteuerrückerstattung ist regelmäßig höher als die Erstattung der Mehrwertsteuer an das Finanzamt
  • Das Geschäftsmodell ist für das Finanzamt nicht nachvollziehbar bzw. nicht selbsterklärend. Das trifft v.a. für Firmenneugründungen zu
  • Die Einnahmen unterliegen nicht der Mehrwertsteuerpflicht, da sie beispielsweise im Ausland erzielt werden (Beispiel: Google AdSense, Amazon Partnerprogramm)
  • Die Rechnungen oder Gutschriften werden nicht im herkömmlichen Sinn erstellt. Der Umsatzeingang erfolgt ohne Nachweis direkt per Überweisung. So stellt Google AdSense lediglich Statistiken zur Verfügung und ein Auszahlungsprotokoll, aufgrund dessen die Überweisung erfolgt. Eine individuelle Gutschrift mit Ausweis der getätigten Zahlungen erfolgt aber nicht
  • Außergewöhnlich hohe Vorsteuerbeträge, z.B. durch KfZ-Anschaffung
  • Rechnungen von Firmen, deren Unternehmereigenschaft zweifelhaft ist
  • Grundstücksveräußerungen oder -entnahmen

Gegenstand einer Prüfung:

  • Nicht abgerechnete Arbeiten
  • Einhaltung der gesetzlich vorgeschriebenen Angaben bei Rechnungen
  • Richtige Beträge eingesetzt. Z.B. sind bei Berechnung der AfA die Nettowerte einzutragen, also ohne Mehrwertsteuer
  • Ausländische Umsatzsteuer kann nicht geltend gemacht werden, z.B. bei Bezug von Dienstleistungen aus Österreich
  • Die Rechnungen dürfen nur Ausgaben für betriebliche Nutzung betreffen. Eine Kamera ist bereits ein Streitfall, da diese auch privat genutzt werden kann. Auch bei einem Geschäftswagen wird von einer privaten Mitnutzung ausgegangen. Hier können Sie nach der 1-Prozent-Regel vorgehen oder Sie müssen ein Fahrtenbuch führen. Auch bei der 1-Prozent-Regel ist der Nettowert des Autos Grundlage

Durchführung einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung:

  • Sie erhalten ein Formschreiben vom Finanzamt mit dem Titel „Anordnung einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung (§ 196 Abgabenordnung – AO -)“
  • Auf dem Formschreiben wird die Steuerprüfung auf Grund des § 193 Abs. 1 AO angeordnet
  • Das Formblatt beinhaltet die Angabe des Prüfungsinhalts, also z.B. den Besteuerungszeitraum 2008, sowie den Namen des Prüfers und Ort und Datum der Prüfung
  • Am genannten Datum erscheint der Prüfer und überprüft die Belege (Einnahmen und Ausgaben), die Kontoauszüge und inwieweit die aufgeführten Werte in der Steuererklärung richtig sind, welche Verträge existieren usw. Dabei wird insbesondere geprüft, ob die Vorsteuer richtig ist und die Unterscheidung von Netto- und Bruttowerten richtig getroffen wurde. Dazu kommen auch Fragen nach dem Geschäftsmodell
  • Auf Anforderung sind dem Prüfer Belege oder Unterlagen zu kopieren und mitzugeben
  • Nach Abschluß der Vorortprüfung und Eingabe der nach Prüfung richtig zu stellenden Werte im System des Finanzamts wird ein Bericht erstellt. Dieser Bericht geht Ihnen üblicherweise zu. Sie können hierzu Stellung nehmen
  • Nach Annahme des Berichts erhalten Sie eine korrigierte Steuererklärung. Weist diese ein Minus aus, müssen Sie den dentsprechenden Betrag an das Finanzamt nachzahlen

Tipps, Checkliste

  • Gerade als Existenzgründer, der zudem seine Steuererklärungen und -voranmeldungen gegenüber dem Finanzamt ohne Hilfe eines Steuerberaters tätigt, müssen Sie damit rechnen, dass eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung angeordnet wird
  • Eine Terminverschiebung ist nach Absprache mit dem Prüfer normalerweise möglich
  • Bereiten Sie dem Prüfer einen Arbeitsplatz vor. Er hat üblicherweise Ihre Steuerakte, einen Laptop, Taschenrechner und Nachschlagewerke dabei
  • Machen Sie dem Prüfer seine Arbeit so einfach und angenehm wie möglich. Dazu gehören:
    • Ordentliche Ablage der Belege, möglichst mit eindeutiger Nummerierung
    • Halten Sie Ihre Steuererklärungen bereit
    • Kopieren Sie auf Verlangen des Prüfers notwendige Unterlagen, wie z.B. Rechnungen von anderen Personen oder Unternehmen, v.a. wenn diese ohne Steuernummer sind. Hier wird dann überprüft, ob die Mehrwertsteuer, die Sie als Vorsteuer geltend machen, im Gegenzug an das Finanzamt abgeführt wurde. Ein anderer Grund ist die Überprüfung, ob die Einnahme in der jeweiligen Einkommenssteuererklärung angegeben wurde
    • Füllen Sie Barbelege über Bewirtungskosten komplett aus mit Angabe der bewirteten Personen und dem Anlass der Bewirtung. Ein nachträgliches Ausfüllen ist nicht möglich
    • Änderungen von monatlichen Fixkosten, z.B. bei der Miete, sind in Schriftform vom Vermieter mitzuteilen
  • Beantworten Sie die Fragen des Prüfers ehrlich und verständlich. Fragen können sein:
    • Was machen Sie? Was ist Ihr Geschäft?
    • Wie verdienen Sie damit Geld?
    • Wie bestreiten Sie Ihren Lebensunterhalt, wenn die Einnahmen aus Ihrem Unternehmen niedriger oder nur geringfügig höher sind als die Ausgaben
    • Wie setzen sich die Einnahmen zusammen? Wer sind Ihre Kunden? Warum haben Sie umsatzsteuerfreie Einnahmen?
  • Halten Sie sich mit Auskünften eher zurück und geben Sie nicht unnötige Informationen, die gar nicht nachgefragt werden
  • Überweisen Sie nichts aufgrund eines Berichts der Umsatzsteuer-Sonderprüfung, sondern erst auf Basis der erfolgten Steuerklärung
  • Wenn nach 10 Jahren die Einnahmen weiterhin geringer ausfallen als die Ausgaben, wird Ihr Geschäft als Liebhaberei angesehen. Sie können dann keine Vorsteuer mehr geltend machen
  • Wenn Sie einen Steuerberater haben, sollten Sie sich sofort nach Eingang des Schreibens über die angeordnete Umsatzsteuer-Sonderprüfung mit ihm in Verbindung setzen. Stimmen Sie sich mit ihm ab. Möglicherweise ist es ratsam, dass er bei der Sonderprüfung anwesend ist
  • Besonders aufmerksam und gewissenhaft sollten Sie bei Geschäften mit dem Ausland vorgehen. Hierzu gibt es eine Unzahl von Regelungen,wie z.B. eine Einfuhrumsatzsteuer bei Vorlageprovision, die zu beachten sind. Wenn Sie geschickt den Umsatz aufteilen, lässt sich Steuer sparen

Literatur

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