Mitbestimmung im Betrieb
Definition, Erklärung
Die Mitbestimmung definiert sich allgemein als institutionelle Teilnahme der Arbeitnehmer und/oder ihrer Vertretungen am Willensbildungsprozess in Unternehmen. Damit ergeben sich Einflussmöglichkeiten von Arbeitnehmern und ihren Repräsentanten auf Unternehmer-, Manager-, Vorgesetztenentscheidungen in Betrieben (laut Betriebsverfassungsgesetz) und Unternehmen (laut Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer). Die Vertreter werden in den Betriebsrat und als Arbeitnehmervertreter in den Aufsichtsrat gewählt.
Ziele der Mitbestimmung:
- Einflussnahme der Arbeitnehmer auf unternehmerische Entscheidungen, wie Arbeitsbedingungen, Entwicklung und Zukunft der Arbeitsplätze
- Demokratisierung der Wirtschaft, d.h. Nachteile und Belastungen der Arbeitnehmer ausgleichen
- Verhinderung von Reibungsverlusten
- Steigerung der Leistungsfähigkeit des Unternehmens durch konstruktive Zusammenarbeit von Arbeitgebern und Beschäftigten bzw. deren Vertreter
- Machtkontrolle
- Gleichberechtigung von Arbeit und Kapital
- Humanisierung der Arbeitswelt
- Steigerung der Mitarbeitermotivation
Arten der Mitbestimmung:
- Mitbestimmung des Mitarbeiters am Arbeitsplatz
- Aufklärungsanspruch über Tätigkeit und Verantwortung
- Arbeitsschutz und Gefährdungsbeurteilung
- Vorschlagsrecht
- Recht auf Akteneinsicht
- Betriebliche Mitbestimmung
durch Betriebsrat im privatwirtschaftlichen Betrieb bzw. Personalrat im öffentlichen Dienst und Mitarbeitervertretung im kirchlichen Bereich- Gestaltung von Arbeitsplätzen, Arbeitsabläufen, technischen Anlagen und Rahmenbedingungen, z.B. Arbeitszeit
- Personalplanung
- Zeiterfassung
- Leistungskontrolle und Beurteilungssysteme
- Interessenausgleich und Sozialplan
- Einführung von IT-Systemen
- Anreizsysteme und Incentives
- Mitarbeiterauswahl, Versetzungen, Kündigungen
- Schulungen und Qualifizierungsmaßnahmen
- Aushandlung von Betriebsvereinbarungen
- Unternehmensmitbestimmung durch Arbeitnehmervertretung im Aufsichtsrat
- Bestellung des Vorstands
- Überwachung des Vorstands
Gesetzesgrundlagen:
- Betriebsverfassungsgesetz
gilt für alle Privatbetriebe mit mehr als 5 ständig Beschäftigten. Ausnahmen: Religionsgemeinschaften, karitative, erzieherische, politische, konfessionelle, wissenschaftliche, künstlerische, berichterstattende Einrichtungen - Montanmitbestimmungsgesetz von 1951
für Unternehmen im Bereich von Kohle und Stahl - Bundespersonalvertretungsgesetz BPersVG
regelt im öffentlichen Dienst die Mitbestimmung der Arbeitnehmer - Mitbestimmungsgesetz
gilt in Betrieben mit mehr als 2.000 Beschäftigten (paritätische Sitzverteilung im Aufsichtsrat) - Drittelbeteiligungsgesetz
gilt in Betrieben mit mehr als 500 Beschäftigten - Mitbestimmungsergänzungs- und das Fortgeltungsgesetz
gelten bei Unternehmen des Bergbaus, der Eisen und Stahl erzeugenden Industrie sowie bei Konzernverhältnissen, d.h. wenn rechtlich selbständige Unternehmen z.B. in einer Holding zusammengefasst sind - Sprecherausschussgesetz von 1988
gilt in Betrieben mit in der Regel mindestens zehn leitenden Angestellten - Eingeschränkte Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats in den so genannten „Tendenzbetrieben“ (z.B. Zeitungsverlage)
Außerdem finden sich Regelungen zur Mitbestimmung z.B.
- im Arbeitsschutzgesetz ArbSchG
- in der Bildschirmarbeitsverordnung BildscharbV
- in der Verordnung über Arbeitsstätten ArbStättV
Verfahren für Mitbestimmung im Aufsichtsrat einer Kapitalgesellschaft oder einer Genossenschaft:
- Bei mehr als 500 Mitarbeitern werden 1/3 der Aufsichtsratsposten von Mitarbeitern besetzt
- Bei mehr als 2.000 Mitarbeitern werden 1/2 der Aufsichtsratsposten von Mitarbeitern besetzt
- Die Vertreter werden durch die Belegschaft gewählt. Dabei haben die vertretenen Gewerkschaften im Unternehmen ein besonderes Vorschlagsrecht. Diese nutzen dies meist zur Besetzung durch externe Gewerkschaftsfunktionäre
- Die Arbeitnehmervertreter haben die gleichen Rechte und Pflichte wie die anderen Aufsichtsratsmitglieder
Verfahren für Mitbestimmung durch Betriebsrat bzw. Personalrat:
- Durch die Mitarbeiter werden Vertreter in einen Betriebsrat gewählt
- Besteht ein Unternehmen aus mehreren Betrieben, gibt es zusätzlich einen Gesamtbetriebsrat, der sich aus den Vertretern der einzelnen Betriebsräte zusammen setzt
Informationsquellen
- INSM-Wirtschaftslexikon Mitbestimmung
- Mitbestimmung in Deutschland; Böckler Boxen
- Die Umsetzungsberatung
- Mitbestimmung in der Europäischen Gesellschaft (SE)
- förderland – Mitbestimmung
Literatur
- Mitbestimmung in Deutschland
Herausgeber: Institut der Deutschen Wirtschaft Köln - Unternehmenskultur und Mitbestimmung von Rainer Benthin und Ulrich Brinkmann
- Recht der Arbeitnehmermitbestimmung von Stefan Edenfeld
- Aufsichtsratspraxis: Handbuch für die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat von Roland Köstler, Ulrich Zachert, Matthias Müller