Mindestlohn – Historie

Definition, Erklärung

Ein Mindestlohn, der gesetzlich oder per Tarifvertrag festgeschrieben ist, soll in erster Linie Armut trotz Arbeitsleistung verhindern. Die Betroffenen werden als „working poor“ bezeichnet. In den letzten 10 Jahren ist nach einer Untersuchung des Instituts Arbeit und Qualifikation, trotz des Konjunkturaufschwungs der Anteil der Geringverdiener in Deutschland von 15 auf 22 Prozent gestiegen. Das sind ca. 6,5 Millionen Arbeitnehmer. Damit belegt Deutschland im europäischen Vergleich einen der Spitzenplätze.

Diese unerfreuliche Entwicklung wird nach Meinung einiger Experten begünstigt durch den Verzicht der deutschen Gesetzgebung auf einen verbindlichen Mindestlohn. Während 20 von 27 Mitgliedstaaten der Europäischen Union und die USA eine Form des Mindestlohns einsetzen, gibt es bislang keine Regelung in Deutschland, Österreich, der Schweiz und den skandinavischen Ländern. In den skandinavischen Ländern und in Österreich sorgen seit dem 01.01.2009 allerdings nahezu flächendeckende Tarifverträge für eine Art „Quasi-Mindestlohn“. In Deutschland setzte man ebenfalls lange ausschließlich auf die verfassungsrechtlich garantierte Tarifautonomie. Bedingt durch die massiven Mitgliederverluste der Gewerkschaften mussten diese aber eine Schwächung ihrer Verhandlungsposition hinnehmen und konnten Mindestlöhne kaum durchsetzen.

Seit dem 1. Januar 2012 gibt es in Deutschland einen verbindlichen Mindestlohn für die Beschäftigten in der Zeitarbeitsbranche, in der Gebäudereinigungsbranche und im Dachdeckerhandwerk.

Der Mindestlohn soll die Existenzsicherung gewährleisten. D.h. ein Vollzeitbeschäftigter ist nicht mehr auf ergänzende staatliche Fürsorgeleistungen angewiesen, sondern kann von seinem erwirtschafteten Arbeitseinkommen leben. In Diskussion ist ein Mindeststundenlohn von 5,00 bis 8,00 Euro.

Als Hauptkritikpunkt gegen die Einführung eines Mindestlohns wird die Verteuerung der Arbeit, die Abwanderung von Produktionskapazitäten ins Ausland und als Folge steigende Arbeitslosigkeit genannt. Die Richtigkeit dieses Zusammenhangs ist umstritten. Einige Experten gehen sogar von einer sinkenden Arbeitslosigkeit durch die Einführung eines Mindestlohns aus. Selbst Teile der Unternehmerschaft sprechen sich für seine Einführung aus, da auf diese Weise ausländische Konkurrenz, die Extrem-Dumpinglöhne zahlt, vom Markt fern gehalten werden kann.

In Deutschland gibt es in einigen Branchen bereits Mindestlöhne, die auf einem Tarifvertrag basieren. Des weiteren bietet das neu gestaltete Arbeitnehmer-Entsendegesetz (AEntG) die Möglichkeit, branchenbezogene Mindestlöhne durchzusetzen. Die Briefzusteller haben 2007 auf dieser Basis den Mindestlohn eingeführt.

Als Alternativen zum Mindestlohn sind der Kombilohn sowie die Zahlung eines in unterschiedlichen Ausprägungen diskutierten Grundeinkommens an jeden Bürger in Diskussion.

Tipps, Checkliste

  • Erkundigen Sie sich, ob für Ihre Branche bereits ein Mindestlohn vereinbart wurde
  • Liegt Ihr Arbeitseinkommen unter dem Satz der durch die Hartz IV Gesetze definierten Grundsicherung, so können Sie es durch die Arbeitsagentur auf dieses Niveau aufstocken lassen

Informationsquellen

Literatur

  • Die Ergebnisse einer Studie vom Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut (WSI) in der Hans-Böckler-Stiftung sind in Mindestlöhne in Europa von Thorsten Schulten, Reinhard Bispinck und Claus Schäfer veröffentlicht

Das könnte dich auch interessieren …