Bewerben mit Patchwork-Lebenslauf
Definition, Erklärung
Bedingt durch einen schnellen globalen technologischen und gesellschaftlichen Wandel und den daraus resultierenden Bedingungen des Arbeitslebens, verfügen heute immer weniger Menschen über jene streng lineare Biografie, wie sie noch vor wenigen Jahrzehnten als normal angesehen wurde. Eine lückenlose, aufeinander aufbauende Erwerbsbiografie von der beruflichen Ausbildung, über die Jahre beruflicher Tätigkeit – idealerweise in stets höheren Positionen – bis hin zur Rente, stellt mittlerweile eher die Ausnahme als die Regel dar. Den „Job fürs Leben“ gibt es für immer weniger Menschen.
Die auf diese Weise entstehenden Lebensläufe erinnern in ihrer Form oft mehr an einen zusammengenähten bunten Flickenteppich, eben an ein Patchwork. Die ganz konkreten Gründe für das Zustandekommen eines solchen Patchwork-Lebenslaufs sind individuell verschieden und vielfältig. Neben der Arbeitslosigkeit als eine der Hauptursachen spielt bei den Frauen natürlich die Elternzeit eine nicht unbedeutende Rolle. Andere nehmen sich eine Auszeit in Form eines sogenannten „Sabbaticals“. Gesundheitliche Umstände haben eventuell eine Umschulung erforderlich gemacht. Die erste, in früher Jugend getroffene Berufswahl hat sich als falsch erwiesen, oder jemand liebt ganz einfach die Abwechslung und springt von Job zu Job, das sogenannte Job-Hopping.
Wo immer die Gründe auch liegen. Auf Seiten der Arbeitgeber erzeugt ein solcher Patchwork-Lebenslauf nach wie vor ein geteiltes Echo, abhängig von der Branche, der zu besetzenden Stelle und der Persönlichkeit des Personalentscheiders. Trifft man – überproportional in der „Old Economy“ – bei manchen auf Vorurteile wie: ein solcher Bewerber verfüge nicht über das genügende Durchhaltevermögen oder sei insgesamt eine „komplizierte Persönlichkeit“, so wissen andere die diversen Vorzüge eines derartigen Lebenslaufes durchaus zu schätzen. Nicht selten hat sich der „Patchworker“ einen gewaltigen Fundus an vielfältigen Softskills im Laufe seines abwechslungsreichen Arbeitslebens erschlossen, kann mit Auslandserfahrung und überdurchschnittlichen Sprachkenntnissen aufwarten, oder verfügt über andere Zusatzqualifikationen.
Die Kunst bei einer Bewerbung besteht – mehr noch als bei der lückenlosen Biografie – in der positiven, ehrlichen und offensiven Vermarktung der ohnehin nicht zu ändernden Sachverhalte. Zu oft, so bemängeln Personalverantwortliche, lassen sich Bewerber hinreißen, der eigenen Biografie durch Hinzufügen fiktiver Jobs und Praktika oder entsprechende Streckung von Zeiträumen ein neues, vermeintlich positiveres Gesicht zu geben. Die Glättung schroffer Kanten und das geschickte Füllen unschöner Lücken sind erlaubt und maßvoll anzuraten. Nicht dagegen die Errichtung unstabiler und gewagter Lügengebäude, die der Belastung eines realen Bewerbungsgesprächs dann nicht mehr standhalten.
Tipps, Checkliste
- Seien Sie grundsätzlich ehrlich. Stehen Sie selbstbewusst zu sich selbst. Vermeiden Sie billige Retuschierungstricks die nur das Misstrauen schüren. Es richtet sich am Ende gegen Sie selbst. Personalchefs sind in der Regel sehr routiniert in der Einschätzung von Lüge und Wahrheit in der Bewerbung. Spätestens bei der Durchsicht der Zeugnisse, oder wenn diese gar fehlen, kommt sowieso alles ans Licht
- Führen Sie Anfangs- und Endzeiten von Beschäftigungsverhältnissen mit der konkreten Monatsangabe auf. Also: 05/2003 – 07/2006 statt nur: 2003 – 2006
- Erstellen Sie eine persönliche Leistungsbilanz Ihres bisherigen Berufslebens, die sie als dritte Seite Ihrer Bewerbung hinzufügen können. Hier können Sie sehr gut auf Sachverhalte eingehen, die nicht im Anschreiben oder im Lebenslauf stehen
- Machen Sie Lücken in Ihrem Lebenslauf transparent. Schreiben Sie nicht einfach“stellenlos“ oder „arbeitssuchend“, ohne weitere Erläuterung. Führen Sie stattdessen konkret auf, was Sie in dieser Zeit getan haben und für die zu besetzende Stelle von Nutzen sein könnte. Dazu zählen der Besuch eines Volkshochschulkurses oder die Erlangung bestimmter Sozialkompetenzen. Daraus folgt auch: Nutzen Sie Zeiten der Arbeitslosigkeit, wenn möglich, in diesem Sinne!
- Zeigen Sie Auslandsaufenthalte auf und die daraus gewonnenen Kompetenzen wie Fremdsprachen, Integrationsfähigkeit und interkulturelle Kompetenz
- Vermeiden Sie es, in Ihrer Bewerbung kleinere Lücken unnötigerweise in den Vordergrund zu rücken. Bei größeren Lücken jedoch sollten Sie schon im Anschreiben offensiv und erklärend darauf eingehen
- Überlegen Sie auch, inwieweit für Sie eine Bewerbung im Ausland sinnvoll ist. In den USA z.B. steht man einer Patchwork-Biografie oft sehr viel positiver gegenüber als im diesbezüglich konservativeren Deutschland